V.A. – Go Ost – Bandinfo

1. Brygada Kryzys    “WarSaw”    3:05

Brygada Kryzys

(Tomasz Lipinski, Robert Brylewski/Tomasz Lipinski, Robert Brylewski)
Unveröffentlicht, 1982    
Polen

Englischsprachige Version des in der Belgrader Originalaufnahme von 1981 verlorenen BK-Klassikers “Wojna” aus den im März 1982 passierten Studio-Sessions für das im gleichen Jahr erschienene so genannte schwarze Album, die erste offizielle Underground-LP in den Staaten des Warschauer Pakts, dessen Gründungsort zu jenem Zeitpunkt ganz real im Kriegszustand war. Eine Hymne der ersten Supergroup des polnischen (Post-) Punk, deren Mitglieder von den Warschauer Ur-Punk-Gruppen Kryzys und Tilt kamen und auch heute noch als „Großväter des Underground“ aktiv sind.  

2. Disciplina kicme!    “Nemoj”    3:45

Disciplina kicme 1982_600
(Dusan Kojic/Dusan Kojic)
Album “Sviđa Mi Se Da Ti Ne Bude Prijatno”, Helidon, 1983
Jugoslawien/Serbien

Dr. Johannes Ullmaier: “Drum´n´Bass für Titos Waisen”.
Eine so noch nie und auch nie wieder gehörte Postpunkfunk-Explosion aus Belgrad, eines der Nachfolge-Projekte der ebenfalls grandiosen Sarlo Akrobata. Heute noch immer unter Führung des bassbolzenden Dusan “Koja” Kojic aka Zeleni Zub unterwegs, allerdings nach einigen Jahren Londoner Exil, wo sie die von Skip McDonald produzierte LP “Heavy Bass Blues” aufnahmen, unter der leicht veränderten Bezeichnung Disciplin A Kitschme.

3. Borghesia        “Divlja horda”    2:57

Borghesia 1984
(Borghesia /Borghesia)                    
Unveröffentlicht, 1983
Jugoslawien/Slowenien

Erste und bisher nur als Videosoundtrack zugängliche Version des 1984 auf der Konzept-Compilation “84” veröffentlichten frühesten Hit-Songs der Sound-, Videokunst-, Klubkultur- und Gay Rights-Pioniere von Borghesia. Aufgenommen mit Vierspur-Rekorder als überhaupt erste Produktion der später eher gen EBM- und Industrial-Dance schwenkenden und damit auch international wahrgenommenen Band aus Ljubljana.

4. A.E. Bizottság         “Pek-pek”    5:51

Bizottság.
(István Zámbó/László Lugossy)
Unveröffentlicht, 1985
Ungarn

Produziert von Andras Wahorn als Soundtrack für einen nicht mehr beendeten Film des 1985 verstorbenen Regisseurs und Videokunst-Avantgardisten Gabor Bódy. Hier erstmalig für die Nachwelt zu hören – und zwei andere Perlen aus dieser letzten Session der hier jazzig verdreht groovenden Art-Post-Punk-Band aus Szentendre harren noch der Veröffentlichung.

5. Novi Kompositori    “MaxIndustry”    4:20

Novy Compozitory_600
(Igor Verichev, Valera Alakhov)
Unveröffentlicht, 1985
UdSSR/Russland

Ein eher experimentell krachiges Stück der späteren Rave- und Ambient-Pioniere aus Leningrad, das 1987 in veränderter Form auf der Populjarnaja Mechanika-LP “Insect Culture” verwendet und extra für “Go Ost!” aus dem Archiv geborgen wurde.

6. Izrael            “Mania”    2:45    

Izrael
(Izrael/Izrael)
“Duchowa Rewolucja Część II”, 1987
Polen

Antibabylonische polnische punky Reggae-Wucht mit Waldhorn im Bläsersatz, aufgenommen 1987 für die geplante zweite “Duchowa Rewolucja”-LP, die allerdings erst 1991 auf Kassette und später zusammen mit dem ersten Teil auf CD erschien. Der Kern von Izrael, die 1983 aus der Asche von Brygada Kryzs entstanden, spielte in jenen Tagen zudem auch bei der Hardcore-Band Armia.

7. Graschdanskaja Oborona     Vsyo kak u lyudey    7:02

Grazhdanskaya Oborona
(Jegor Letow/Jegor Letow)
„Zdorowo i wetschno“, 1989
UdSSR

Der legendärste und umstrittenste Punk und musikalische Protestdichter der Sowjetunion und später Russlands aus seiner produktivsten Phase. Hier mit der 1984 in Omsk gegründeten Band Graschdanskaja Oborona, dem Letowschen Hauptprojekt, und Backing-Vocals seiner nicht minder legendären Freundin Janka (Diagilewa), einer herzzerreißend intensiven sibirischen Folk-Punk-Sängerin. R.I.P.

8. J.M.K.E.        “Tere Perestroika”    2:39        

JMKE008
(Villu Tamme/ Villu Tamme)
LP “Külmale maale”, 1989, Stupido Twins
UdSSR/Estland

Ein ironischer Abgesang auf die Erneuerung der Sowjetunion, deren Bestandteil die Sozialistische Sowjetrepublik Estland damals noch war. Geschrieben 1987, Gewinner eines estnischen Songwettbewerbs 1988, ein Hit in Finnland 1989 und heute Teil der im tausendköpfigen Chor singenden nationalen Identitätskonstruktion.

9. Vágtázó Halottkémek “Indulok!”    4:10

Vágtázó Halottkémek_2
(Atilla Grandpierre, VHK/Atilla Grandpierre, VHK)
LP “A Világösztön Kiugrasztása”/“Jumping Out The World-Instinct”, Sonic Boom/ Alternative Tentacles, 1990
Ungarn

Kosmisch rasender Schamanenrock ohne Gnade, aufgenommen live in Mannheim und kurz darauf übernommen vom legendären Label Alternative Tentacles. Die seit 1975 aktive und seit 1984 auch im Westen präsente Kult-Krach-Band um den Astrophysiker Atilla Grandpierre auf dem Weg zu Weltruhm, bevor es Ende der Neunziger zurück zu lokaler Bedeutung ging, aus der die zwischenzeitlich ruhende Band 2009 sich wieder aufmachte, nun allerdings in teils zweifelhaften rechts-esoterischen Kontexten.  

10. Kampec Dolores     “Levitacio”    2:51

kampec dolores
(Csaba Hajnoczy, Gabi Kenderesi/Csaba Hajnoczy, Gabi Kenderesi)
LP “Levitacio”, Points East, 1991
Ungarn

Anfang Oktober 1989 in der DDR, genauer in Wilhelmshagen bei Berlin aufgenommene  und später bei Chris Cutlers Points East-Label veröffentlichte zauberhafte Avant-Weltmusik der 1984 gegründeten Band von Gabi Kenderi und Csaba Hajnoczy, der zuvor schon mit Kontroll Csoport ungarische Post Punk-Geschichte schrieb.

11. F.P.B.             “Listícko”    2:33        

FPB 1981
(Miroslav Wanek/Oldřich Mikulášek)
LP “Kdo z koho, ten toho”, N.A.R. Records, 1991
ČSFR

Eine hochenergetische Wiederaufnahme des in den Jahren 1981 bis 1985 entstandenen klassischen Materials der Fourth Price Band aus Teplice, bei dem “Punk trifft Poesie” wirklich einmal stimmt, denn die für diese Aufnahme wiedervereinte Band, deren Ex-Mitglieder zu jenem Zeitpunkt allesamt bei Už Jsme Doma spielten, vertont hier den Dichter Oldřich Mikulášek.

 

12. Už Jsme Doma    Nemilovaný Svět    2:47  

 Uz jsme doma 1985
(Miroslav Wanek/Miroslav Wanek)
LP “Nemilovaný Svět”, Panton, 1991
ČSFR

Die “ungeliebte Welt”, besungen auf der zweiten Už Jsme Doma-LP, und ein schönes Beispiel für den ganz eigenen UJD-Soundsonderweg zwischen Post-Punk und Jazz, hier gekrönt durch ein Chor-Finale. Ein Weg, der Mitte der Achtziger anfing und von Teplice nach Prag führte, aber auch zu Kooperationen mit den Residents, Film- und Theater-Soundtracks, einer ganz eigenen Band-Ikonografie sowie nicht zuletzt zur Eröffnung einer eigenen Už Jsme Doma-Kneipe im Prager Stadtteil Dejvice.

13. Armia            Przebłysk 5    2:58      

 Armia
(Armia/Tomasz Budzyński)
LP “Legenda”, Wifon, 1991
Polen

Eine stürmende Hymne auf das (in diesem Fall wohl göttliche) Licht, vorgetragen von der 1985 um Robert Brylewski (Kryzys/ Brygada Kryzys/ Izrael) und Tomasz Budzyński (Ex-Siekiera) formierten Anti-Armia zum Höhepunkt ihres Schaffens, auf dem Gipfel eines Gebirges aus Gitarrenwällen, überflogen von Drum-Gewittern, Poesie-Shouting und Waldhorn-Dröhnen. Romantischer rasender Proto-Cath Core aus Warschau.

14. Dezerter         “Ku Przyszłości”    3:41    

Dezerter&KatarzynaNosowska_by_Robert_Ochnio
(Robert Matera/Krzysztof Grabowski)
Single ”Dezerter”, Nikt Nic Nie Wie, 1993
Polen

Eine notwendige Aktualisierung der Dezerter-Hymne von ihrer Debütsingle 1983, die zehn Jahre später mit Unterstützung der Sängerin Katarzyna Nosowska gegen den zurückgekehrten Kapitalismus rocken. Präludiert von einem 1.Mai-Abgesang, live aufgenommen von den zuerst als SS 20 firmierenden Anarcho-Punks zum Anfang der Achtziger.

15. Röövel Ööbik        “Change (Ballad of Barbie & Ken)”    4:28

Röövel Ööbik
(Röövel Ööbik/Röövel Ööbik)
MC “Psychokosmos”, Kosmos Control, 1994
Estland

Zappelnder Magnetband-House, entnommen einer in Alu-Folie gefassten Kassette der Anfang der Achtziger gegründeten Esti-Indie-Rock-Helden aus Tallinn, die kurz zuvor noch quirlige Gitarrenpop- und Shoegaze-Sounds für eine John Peel-Session einspielten, nun aber sich auf den später als Una Bomba beschrittenen Weg in die elektronische Tanzhalle machten.

16. AuktYon     “Blagovest”    2:58

Auktyon
(AuktYon/Welimir Chlebnikow)
CD “Zhilets Vershin”, SBI Records, 1995

Eine Vertonung des futuristischen “Zaum”-Spracherfinders Welimir Chlebnikow (1885 – 1922) durch die hier ganz zarten (Ex-)Leningrader, auf deren filigraner Jazz-Folk-Klangwolke der eher ungemütlich wirkende Schaupieler-Sänger Chvost rezitiert. Sowjet-russische Poesie-Avantgarde trifft post-avantgardistische wie post-sowjetische Sounds in einer poetischen Eigenwelt.

17. Korai Öröm (Al-haca Mix)    “Music fi last”    3:21    

Korai Öröm1
(Korai Öröm, Al-haca)
CD “Volume Zero”, 2007, The Lollipoppe Shoppe
Ungarn
        
Budapest im Worldmusic-Groove trifft Greifswald in dub im Ostudio in der Brinkstrasse (gegenüber dem Polizei-Hauptquartier der Hanse- und Universitätsstadt).
“Something to stay …” – um das präludierende Sample zu zitieren. Nicht nur in der eigenen Erinnerung, sei hinzugefügt (vom damals mit-mixenden Kompilierer).

18. Nu & Apa Neagră     Sașa-Liviu Stoianovici Remix #3    4:29

Sa a-Liviu Stoianovici
(Sașa-Liviu Stoianovici)
Unveröffentlicht, 2013
Rumänien

Exklusiv für “Go Ost!” von Sașa-Liviu Stoianovici angefertiger Remix seines Projekts Nu & Apa Neagră, der die sowieso zumeist schon irrlichternden Psychosounds noch einmal durch ganz dunkle transsilvanische Klangtäler schickt.

19. AutopsiA         IV Essays (1)         3:15

Autopsia_8401
(AutopsiA)
“Live at Divus 24.12.2013”, online
Tschechische Republik/Ex-Jugoslawien

Aus einem Weihnachtssoundclash im Prager Verlagshaus Divus: indische Rhythmik trifft moderne Klassik im Orgel-Kollaps. O-Ton Autopsia (formiert 1980 in Ruma/Vojvodina/Jugoslawien, seit Anfang der Neunziger in Prag): “Some say: it´s boring. I say: philosophy must be boring!”