Kobzar – einen passenderen Titel hätten Haydamaky nicht finden können für ihr neuestes Werk.
Früher zogen diese meist blinden Sänger wie die mittelalterlichen Troubadoure von Ort zu Ort, spielten die Bandura, die traditionelle ukrainische Zither, und sangen ihre Balladen von ruhmreichen und freiheitlichen Kosakenzeiten. So ist der Kobzar auch zu einem Sinnbild des ukrainischen Bewusstseins geworden. Der Nationaldichter der Ukraine Taras Schewtschenko schrieb bewusst auf Ukrainisch, das vor 150 Jahren noch als Bauernrussisch verpönt war. Schewtschenko ist der Goethe der Ukraine und die Gedichtsammlung Kobzar ist sein Faust – eine Sammlung von Gedanken und Bildern, die ein ganzes Zeitalter und die Stimmungen der menschlichen Seele in Verse bannt.
In dieser Tradition sehen sich auch Haydamaky – als Dichter und Sänger ihres Volkes. Nur eben mit ihren (lauteren) Mitteln. Berühmt geworden in den Tagen der Orangen Revolution, zählen Haydamaky inzwischen zu den bekanntesten und beliebtesten Bands in der Ukraine; und das ohne Zugeständnisse an den radio- und TV-freundlichen Mainstream. Sie überzeugen lieber durch ihre eigene musikalische Meisterschaft. Endlich gibt es mal wieder positive Schlagzeilen aus der Ukraine.
Viel hat sich getan, seit Haydamaky vor fast zwei Jahren ihr erstes Album weltweit veröffentlicht haben. Nach Ukraine Calling folgten unzählige Konzerte in Westeuropa, Einladungen zu Festivals, Fernsehreportagen und Beiträge zu diversen Compilations.
Eastblok Music durfte einen Top World Music Label Award in Empfang nehmen – nicht zuletzt aufgrund der Dauerpräsenz von Ukraine Calling in den europäischen Weltmusik-Charts.
Dabei ist Weltmusik nur eine Seite Haydamakys. Was ist das überhaupt? Bei Haydamaky nichts weiter als eine tiefe Liebe zu ihrem Land und dessen Kultur. Vor allem der ukrainische Folk, speziell aus den Karpaten, hat es ihnen angetan. Die wilden Männer sind tief in das überlieferte musikalische Erbe der Ukraine gestiegen und weben die alten Melodien in ihre Songs. So ist es nur konsequent, die Bandura, das Instrument der Kobzaren, neben Mandoline, Trompete, Flöte (Sopilka) und Akkordeon in den kräftigen Folksound von Haydamaky einzubinden.
Doch Haydamaky – das ist auch Rock’n’Roll! Mit Schlagzeug, Gitarre und Bass steht die Rockwand, an die die ukrainischen Ornamente projiziert werden. Auch ihre Punkwurzeln sind noch immer präsent. In diesem Spannungsfeld erzeugen Haydamaky ihre magischen Epen. Mal ausgelassen tanzend, mal tief berührend mit ihren feinsinnigen und musikalisch komplexen Balladen. Viele dieser Songs sind Ohrwürmer ohne oberflächlich zu sein: aufrichtig emotional oder wilde Freude verströmend. Doch die Band geht weiter und integriert auch auf Kobzar wieder Dub und Ska sowie gar Rap in ihr Spektrum. Mario Activator, Polens berühmter Reggae- und Dub-Produzent, der unter anderem schon mit Adrian Sherwood gearbeitet hat, sorgt für einen modernen Sound und hat auch Krysztof Grabowsky von der polnischen Kultband Pidzama Porno ins Studio geholt, um auf Message zu singen. Die jamaikanischen Ragga-Toaster Zion Train wiederum mixen Viter Viye. So klingt Haydamakys Vision von Weltmusik: ein Brückenschlag vom Früher ins Jetzt.
Die Kobzaren sind wieder unterwegs. Doch heute rocken sie.
Tracklisting:
1. Vstup 2. Efir 3. Yidu Tramvayem 4. Message 5. Meni Zdayetsa 6. Malanka 7. Spokusa 8. Rosa 9. Leleki 10. Marusya 11. Yikhav Kozak 12. Viter Viye
Bonus track: Viter Viye (Hard Work Studio As One Remix)
exclusive iTunes-track: 4 Dvori
Exclusive Video: Meni Zdayetsa
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