REVIEW: La Minor @ Gonzo Circus
La Minor Oboroty Various Artists Polska Rootz (EASTBLOK)
De Oost-Europese hype tiert momenteel nog altijd welig in West-Europa. Zigeuners worden als kitscherige karikaturen neergezet en verheerlijkt, terwijl er iedere dag verse Balkan deejayspecialisten opduiken. Uit deze vruchtbare bodem zijn ook een aantal labels voortgekomen zoals het Berlijnse Eastblok dat een goed oor heeft voor nieuwe muziek uit de Oostbloklanden. Muziek die dan echt in Oost-Europa gemaakt is en niet door geëxpatrieerde artiesten in het Westen. Uit St. Petersburg en Odessa komt het mannelijke sextet La Minor aanwaaien, een band die pure akoestische muziek brengt vol van Russische chanson, polka, klezmer, tango en gangsterjazz. Zanger Slava Shalygin vertelt het ene na het andere zware-jongens-verhaal dat naar alcohol en tragische liefde ruikt. In een land waar een vijfde van de mannelijke bevolking al eens in de gevangenis heeft gezeten, zijn dit soort Blatnyak levensliederen dagelijkse kost en deel van de nationale psyche. La Minor speelt deze rol echter wel met een ferme knipoog en goedlachse ironie zodat men er ook om kan lachen en op dansen. Van Russische naar Poolse sferen dan. Polska Rootz is een compilatie van de nieuwste Poolse dansmuziek en wordt omschreven als een fusion van dub, roots en futuristische folkremixen (waaronder een dubremix van Adrian Sherwood). Authentieke orkesten, polka’s, klezmer en volksliedjes stampen voorbij in een jasje van elektronische beats. Tegelijk staat het geluid sterk onder invloed van de rootsritmes en dubsferen. Dat is niet vreemd, want Polen was het enige land achter het IJzeren Gordijn waar in de jaren 1980 een levendige roots en punkscene bestond. De muziek had een politieke en culturele waarde voor de jeugd, als een tegenhanger van het onderdrukkende Russische regime. De combinatie van folk en roots past bijzonder goed en zorgt voor een fraaie verzameling songs die ons de allernieuwste Poolse muziek laat horen, gekleurd in zonnige geluidssferen. We zijn opgelucht en tevreden dat een vernieuwend geluid ons vanuit Oost-Europa heeft bereikt en voor frisse lucht zorgt. Eastblok laat zich gelukkig niet tegenhouden door onzichtbare gordijnen en muren. Wij kijken voortaan met een hoopvolle blik naar het oosten.
https://www.eastblok.de
Gonzo Circus Issue #93
La Minor @ Songlines
If Gogol Bordello had stayed unplugged in the Ukraine, playing folk music rather than discovering punk rock and emigrating to New York, they might today sound rather like La Minor. The St. Petersburg-based group, who first came to light on the Russendisko compilation a few years ago, mine a rich songbook that draws upon the pre-war Odessa criminal demi-monde of gangsters, pimps, whores, no-good gamblers and dodgy bars. Cleverly inventive arrangements for sax, acoustic guitars, upright bass, mandolin and bayan (Russian button accordion) breathe mercurial new life into traditional folkloric lyrics that deal with such classy subjects as drinking, fighting and getting locked up, delivered by singer Viacheslav Shalygin in a wonderfully deadpan baritone, with suitably vernacular English translations of several of the songs helpfully provided in the liner notes. The result is a splendidly impudent example of the style now widely and rather annoyingly known as ‘Russki chanson’ as La Minor’s lurching tangos, tottering polkas and inebriated waltzes are given feral twists of klezmer, swing Django Reinhardt-style and street-corner jazz. The band are not Roma, as far as I know, but, like all the best Gypsy music, La Minor manage to sound like they’re completely pissed without missing a note. Sometime’s they’re maudlin drunk, as in ’Koybelnaya’ (Lullaby) and sometimes they just want to have a wild old knees-up, as they do on ‘Tihiy Vecher’ (Quiet Evening), and on a great new version of the track we first heard on Russendisko, ‘Devushka v Platie iz Sitsa’ (The Girl In The Cotton Dress). Brilliantly disreputable stuff.
Songlines Issue 62 2009
Nigel Williamson
Rubrik: Reviews – Europe
Kulturportal Russland zu La Minor
Mix aus Folk-Jazz-Ska aus Russland: Ganz im »Odessa-Style« mischen die im Jahr 2000 gegründeten LA MINOR. Street Chansons mit Russischem Folk und Klezmer-Einflüssen.
Enge Gassen, schummrige Tavernen. Gangsterfilme aus den 1930er und 1950er Jahren inspirierten La Minor, als sie sich 1998 zusammen fanden und zur neuen Kultband des wilden russischen Untergrunds wurden. Mitlerweile sind La Minor mit Fluchtauto und ihrem temporeichen, jazzigen Mix aus Klezmer und Ska auch in Westeuropa angekommen.
La Minor sorgte für die Auferstehung einer lange schon vergessenen Musikrichtung: Odessa-Beats, Ganoven- und Gulag Lieder aus längst vergangenen Sowjetzeiten. Neu interpretiert mit Einflüssen russischer Folklore, Swing, Ska und Klezmer. Schnell und groß… wirklich großartig!
La Minor @ echoes-online
Heute mal kein Diskurs, heute mal inkonsequent, stattdessen mal einfach wieder den unfassbaren Balkan-Sound abfeiern. La Minor klingen dabei ungefähr so wie damals, mit 15, 16 zum ersten Mal Kusturicas Underground: Vor dem Videorekorder knien, zurückspulen bis zum Anfang, dann auf Play, und dann kommt sie schon angerannt, eine wilde Meute Highspeed-Bläser, mit aggressiven Tubas, marodierenden Trompeten durch’s kriegsgebeutelte Prä-Tito-Belgrad. Wer hätte da schon ruhig sitzenbleiben können? Seitdem ist viel Wasser die Donau runtergeflossen, und nicht nur Goran Bregovic, der für den Soundtrack des Films verantwortlich war, hat seine Unschuld verloren.
Oboroty jedenfalls ist wieder genau das, wieder genau dieses wunderbare, nicht zu vergleichende Gefühl, vielleicht von Freiheit, irgendwie: Mit schönen Mädchen durch die blühenden Sonnenblumenfelder rennen im Hochsommer, das ist spritzende Schweißtropfen von feuchten Stirnen in winzigen Hinterhöfen, das ist mit allen meinen Freunden, mit allen Menschen im Kreis tanzen und durchdrehen und lachen bis ins Morgengrauen, und wenn sie mich morgen unter die Erde bringen müssten, so sollen meine Freunde auf meiner Beerdigung genau dazu tanzen, zu La Minor, zu diesem Haufen Möchtegern-Mafiosi aus Sankt Petersburg, der eigentlich nach Odessa klingt – hopa hopa hopa! Bis auf weiteres bin ich wieder bekehrt.
SteffenGreiner
echoes-online.de
La Minor @ Concerto
La Minor – Oboroty
Ihre Musik wird als „kleinkriminelles Chanson“ beschrieben. Die Band aus St. Petersburg wird als Kultband aus dem russischen Untergrund bezeichnet. Jetzt sind sie in Berlin tätig. Mit ihrem Dirty Folk und Gangster Swing passen sie ideal zum Balkan-Hype. 2000 gegründet sind sie in Europa ständig bei Festivals und Konzerten unterwegs. La Minors Musik bringt zum Tanzen, das Bajan treibt wie die Hölle, Jazz und Klezmer im Odessa Stil und Geschichten über böse Jungs und tragische Liebe sind ihr Metier. Sehr fein das Ganze.
(haku)
Concerto Nr. 3 Juni/Juli 2009 Rubrik: tonträger
Bewertung: 5/5
La Mjnor @ ultimo
La Minor – Oboroty (Eastblok Indigo)
Diese 6-köpfige Band aus St. Petersburg ist einigen Livemusik-Liebhabern längst ein Begriff, war sie doch schon mehrmals im Treibsand zu Gast. Auf dem ersten Russendisko-Sampler hat sie seinerzeit einen Beitrag hinterlassen, nun aber gibt es nach mehreren russischen Veröffentlichungen, die man hier nur bei Konzerten bekommt, erstmalig eine ganze CD auf einem deutschen Label. Diese liebenswerte Combo spielt den sogenannten „blatnyak“, den Gauner- oder Straßenchanson, der in den Straßen von Odessa in der 1. Jahrhunderthälfte sehr populär war.
Traditionelle, jedoch wenig bekannte Chansons werden von La Minor neu, aber authentisch interpretiert. Sie vermischen Klezmer mit Folk und Jazz, aber auch Tango und Walzer sind zu hören, mal fröhlich, oft melancholisch in Moll, aber scheinbar immer dicht dran an der Atmosphäre der alten Seefahrerstadt Odessa. Mit dem russischen Knopfakkordeon, dem sogenannten Bayan, mit Saxophon, Kontrabass, Schlagzeug, Gitarre und der tiefen, melodischen Stimme des Sängers Slava spielen sie also eine sehr seltene, östliche Spielart des dirty folk. Vielleicht ist dies so etwas wie das russische Pendant zum finnischen Tango. Atmosphärisch allemal.
(inge)
Ultimo Juli 09 Rubrik: Musik
La Minor @ sound & image
Gangster-Swing aus St. Petersburg – mal ganz was Neues. Kenner nennen es auch Russki Chanson. La Minor bestehen aus Knopf-Akkordeon, Saxophon, Stehbass, Gitarre und Schlagzeug und bewegen sich zwischen Underground-Drinking-Party, Odessa-Hafenbar, Dirty Folk und Zirkus-Lobby. Sympathische Lieder zum Mitschunkeln und Mitgrölen, je nach Bedarf. Sänger Viacheslav Shalygin hat das Organ, das jeder Stimmung gerecht wird und seine Musik-Kumpels holen ihn in jedem Gemütszustand ab, egal ob im Tango-Schritt, mit einem bißchen Klezmer im Koffer, als Schlaf- oder als sportliches Sauflied im Ska-Rhythmus. Was früher zur sozialistischen Subkultur gehörte, ist heute Stoff für Tanzparties à la Russendisko im Kaffee Burger Style. La Minor passen da prima hin, haben sie doch die alten Zeiten mehr oder weniger unversehrt ins Heute hinüber gerettet und geben sich betont leidenschaftlich. Natürlich auch mit dabei das „Mädchen im Baumwollkleid”, das mittlerweile zum Standard-Repertoire einer jeden Russenparty gehört. Eine Platte, die von vorne bis hinten Spaß macht und die auf keiner ernst zu nehmenden Fete fehlen darf.
www.sound-and-image.de
La Minor @ blue rhythm
La Minor
Bulgakows Erben
Nie war russischer Pop in Deutschland so populär wie heute. Russendisco ist längst Synonym für slawische Fröhlichkeit auf dem deutschen Dancefloor. Doch wie viel hat dieses eher deutsche Phänomen wirklich mit der russischen Seele zu tun, wie wir sie von dem großen Satiriker Michail Bulgakow oder dem Schriftsteller Isaak Babel kennen? Die St. Petersburger Kapelle La Minor bringt ein anderes Russland zu Gehör. Ihre Songs erzählen von verschmitzter Lebensfreude, aber auch von unerträglicher Tragik. „Uns ist nicht so wichtig, uns selbst zu präsentieren“, skandiert Sänger Slava Shalygin. „Uns geht es um die russische Seele. Gerade weil das leben in Russland immer hart und bitter war, kann man es nur mit Humor ertragen.“ Die Geschichten von La Minor sind nicht neu. Slavas Onkel sammelte Songs des Folk-Undergrounds von Moskau, St. Petersburg und Odessa der 60er-Jahre. Auf diesen Fundus kann die Band heute zurückgreifen. Nicht wenige Lieder auf „Oboroty“ (Eastblok/Indigo) gehören eigentlich der Halbwelt an, doch gerade das macht ihre Authentizität aus. Angst, mit seinen alten Weisen den Anschluss an den Zeitgeist zu verlieren, hat Slava nicht. „In Russland wiederholt sich die Geschichte ziemlich oft. Lieder wie unsere gehören zur Volksweisheit, die immer genau dann reaktiviert wird, wenn das Leben härter wird. Insofern sind unsere Lieder zeitlos.“ Wenn La Minor ihre Songs mit Bajan, Banjo, Saxofon, Kontrabass, Schlagzeug sowie einer speziellen Mischung aus Tolldreistigkeit und Eleganz schmettern, ist man an die USA erinnert, wo Alternative Country und Neofolk dem konservativen Lager die Wurzeln der amerikanischen Kultur entrissen. „Leider wäre es in Russland verführt, von einer vergleichbaren Bewegung zu sprechen“, bedauert der Sänger. „Putin versucht den Pop einzubinden. Das Chanson tendiert eher in Richtung Kitsch. Wir treten in Rock-Clubs auf, lassen uns aber nicht vereinnahmen.“ Mit dem Begriff Russkij Chanson haben La Minor ohnehin ein Problem, weil er von der russischen Intelligenz mit billigem Kitsch assoziiert wird. Ihre Songs handeln hingegen von einer prallen Fülle des russischen Lebens. Ein lange überfälliger Kontrapunkt zur Spaßgrimasse der Russendisco.
Text: Wolf Kampmann
Incendiarymag: Why Aren’t You Listening?
Nice record this; apparently a collection of underground gangster, prison and camp songs. And (apparently again) the band La Minor are the refuseniks who play these old songs in the most “unacceptable” way possible. Fine by me, as this LP certainly gets the foot tapping.
Apparently this LP contains polkas or slow waltzes and tangos. But you wouldn’t know as the band doesn’t stick to strict interpretations of any musical convention. Sometimes there’s a jazzy klezmer, a lullaby or gypsy swing; sometimes there’s folk punk, or sometimes a mutated, speeded up ska. La Minor use sax, Bayan, guitars & double bass to create a warm, fluent and incredibly mercurial backdrop to these rebel songs. The bands musical wanderings are informed further by singer Slava Shalygin’s incredibly warm voice. The fact that (not understanding Russian beyond “da” & “nyet”) I have no idea what he’s babbling on about matters not a jot; the lad has considerable presence.
When the songs aren’t about drinking, they’re about getting locked up, or about fighting over girls. Class. Highlights are Tihy Vecher (Quiet Evening) which is a breathless whirl, completely belying its title. And White Acacia after a deceptively gentle beginning is a breakneck stomp that gets Too Much Too Young on your ass at one point. Check out the up-tempo question and answer of The Girl in the White Cotton Dress and the brilliantly maudlin Lullaby, which is like a pissed-up choir rehearsal.
Great stuff.
Words: Richard Foster
La Minor @ melodie & rhythymus
St. Petersburger Gangster-Swing
La Minor lässt die Musik der Hafenstädte erklingen.
Zu der Musik wird empfohlen, sich ein Glas Wein reinzuziehen, am Besten noch das Tanzbein zu schwingen und dazu, falls der russischen Sprache mächtig, wenigstens ein bisschen den Texten lauschen. Die nämlich sind genauso scharf gewürzt wie die Musik. Die Band hat so ziemlich alles musikalisch verarbeitet, was der ausländische Liebhaber russischer Musik nicht unbedingt erwartet: Lyrische Gangstergeschichten in Form klingender Kriminalromane, die stark an die Vorkriegszeit erinnern und Storys aus so aufregenden Hafenstädten wie St. Petersburg und Odessa erzählen. Es geht um Diebe, Nutten, Undercoveragenten, Liebe, Leidenschaft, Alkohol und Knast – aber mit viel Humor, Seele und Gefühl vorgetragen. Manchmal etwas schwermütig, dann wieder schwungvoll, variieren die Stimmungen. Spannungsgeladen, passend zum Inhalt, mutet La Minors Sound manchmal wie die Begleitmusik zu einem spannenden Kriminalfilm an. Straßen-Chanson, Dirty Folk oder Gangster-Swing gehen gleichfalls als stilistische Beschreibung durch. Das ist eine Mischung aus russischem Folk, Jazz und Klezmer und kommt auf der Bühne eher als Speed-Polka daher. Blatnjak heißen diese alten traditionellen Gangster- und Knastsongs, die auch zu sozialistischen Zeiten, trotz Verbot, in der Öffentlichkeit gesungen und gehört wurden. Es sind temperamentvolle, typisch russische Ohrwürmer, mit traditionellem Einschlag, trotzdem leicht an die moderne Rockmusik angelehnt, vorgetragen mit Akkordeon, Saxofon, Gitarre, Bass, Mandoline und Drums.
La Minor @ musikmarkt
Russischer Straßen-Folk
Gangstergeschichten treffen auf Tanzmusik: La Minor machen einen äußerst amüsanten Sound, der mit Knopf-Akkordeon, Saxophon und Gitarre einen ganz eigenen Charme entwickelt.
Klezmer, Jazz und russischer Folk transportieren Sehnsucht und Melancholie genauso wie überschäumende Ausgelassenheit und Leidenschaft. Gefeatured wurden La Minor bereits von Wladimir Kaminer auf „Russendisko Hits“ und auch live überzeugt das Sextett mit seinem sanft-verruchten Straßen-Chanson.
(jk)
CD-Tipp @ Rheinischer Merkur
Lichtvolle Nachtschattengewächse
Seit ein paar Jahren entdeckt sich Russland musikalisch wieder. La Minor aus St. Petersburg fühlt sich der Tradition verpflichtet und hat sich mit seinem anrührenden und lyrischen Liedern über Ganoven, Prostituierte, Verlierer, kurzum über die Nachtschattengeschöpfe der russischen Gesellschaft, auch in Europa eine treue Fangemeinde erspielt. Nun veröffentlicht La Minor die erste CD in Deutschland. „Oboroty“, was auf Deutsch die durch den Alkohol bewirkten Umdrehungen meinen könnte, zeigt das Quintett mit seinem griffigen Jazz-, Klezmer- und Folk-Mix in bestechender Form. Tänzelnd, schwelgend und vor allem staunend folgt man dem Sänger und Texter Slawa Shalgyn durch kleine menschliche Tragikkomödien, mit denen er seinem großen Vorbild, dem Underground-Chansonnier Arakady Severny (1939-1980), huldigt. Ohne Frage ein russisches Erlebnis erster Güte!
(IP)
REVIEW: Oboroty @ notes
Schwere Jungs und leichte Madchen, Liebe und Leidenschaft, Alkohol und Glucksspiel, Hafenspelunken und Gefängnis – das ist der Stoff, aus dem die lyrischen Gangstergeschichten und Hinterhoflieder von La Minor gestrickt sind. Die 6köpfige Band aus St Petersburg um Sänger Viacheslav Shalygin vermengt Straßen-Chanson, Speed-Folk. Balkan-Tango, Jazziges und Schwarzmeer-Klezmer zu einem deutlich russisch anmutenden, sehr lebendigen Soundgebilde, das auf die 20er bis 40er Jahre in Odessa verweist.
Ihre lebenslustig-seelenvollen Lieder sind wie klingende Kriminalromane über Kleinganoven, Bordsteinschwalben, geschniegelte Casanovas und tragische Lieben – fröhlich und melancholisch zugleich. Auch wenn man des Russischen nicht mächtig ist, die derben Geschichten wirken seltsam anrührend, fast poetisch. La Minor spielen ihre Interpretationen jedoch auf die knackige Art, das kommt frisch und cool und hat mehr von Rock, als man aufs Erste denken mag. Die Stücke, die alle dem traditionellen russischen Liedgut entstammen, sind keine Standards, sondern eher unbekannte
Perlen der russischen Gangster- und Knastsongs (in Russland saß im Schnitt jeder fünfte Mann bereits im Gefangnis!), Blatnjak genannt.
Diese überdauerten selbst die Sowjetzeit als die eigentliche Folklore des Volkes, zwischenKneipe und Atelier gesungen, obwohl die Lieder offiziell verboten waren. La Minor verleihen den Stücken, durchweg auf akustischen Instrumenten (Standbass, Gitarre, Bajan, Saxofon) eingespielt, Charme und Wärme. Die Musik lädt sowohl zum gemütlich-besinnlichen Abend mit einem Gläschen Roten zuhause als auch zum beschwingten Tanz.
(blex)
notes Juni 2009 Ausgabe 153
REVIEW: Oboroty @ Glitterhouse Katalog
Indigo (CD, 929642, PC: U, VÖ 15.5.)
La Minor – Oboroty
09er, russische Band mit schon kleinem Kultstatus (sie waren auf der ersten Russendisko-CD). Russischer Folk mit Chanson-Einflüssen, Anklängen an Balkan-Stakkato oder Gypsy-Swing, auch kleine Prisen Tango, Jazz, Polka. Die Songs atmen Melancholie/Wehmut, pure überschäumende Lebensfreude, Poesie, Warmherzigkeit. Das alles rauh, echt, mit Straßen-Charme, v.a. aber melodischer Klasse, sofort eingängigen traditionsverhafteten Themen, darunter wunderbare Stücke wie The Girl In The Cotton Dress oder Lullaby. Feine CD. (dvd)
(Detlef von Duhn, Glitterhouse Katalog)
REVIEW: Oboroty @ TRUST
Der Charme der Hafenkneipen von Odessa, bevölkert
von kleinen und groÃxen Gaunern, leichten Jungs und schweren Mädchen (oder
andersherum?) ist die imaginäre Heimat von La Minor aus Petersburg, die
die Welt mit sentimental rumpelnden Melodien zwischen russischem Chanson,
Polka, Klezmer und verwandten Stilen infiltrieren. Hat Charme und ist
erfreulicherweise eher melancholisch als burschikos bollerig.
(Eastblok/Indigo)
(Ausgabe 136)
Review: WARSCHAUER
Kriminalität ist böse, genau wie Stehlen oder andere verpetzen. So was tut man nicht! Aber singen darf man darüber. Und genau das tun LA MINOR. Seit dem Jahr 2000 erfreut das Sextett in ganz Europa Herzen und Tanzbeine mit Straßenchanson und Gangsterswing, einer schweißtreibenden Melange aus russischer Volksmusik, Polka, Swing und Klezmer. Obwohl LA MINOR aus St. Petersburg kommen, gilt ihre Liebe der Hafenstadt Odessa. In ihren mal verträumten, mal heißblütigen Liedern erwecken sie den Schmelztiegel und schmutzigen Moloch am Schwarzen Meer, an der Schnittstelle von Osten und Westen gelegen, zu neuem, uraltem Leben. Sie erzählen heitere und traurige Geschichten, von Liebe, Verrat, Mord, Eifersucht, Treue und Untreue. Diebe, Hafenhuren, Geheimpolizei, Schmuggler und besoffene Matrosen, lustige Lebemänner und traurige Trinker sind die Bewohner der kleinen Traumwelt, die LA MINOR mit viel Liebe zum Detail in den Köpfen ihrer Zuhörer kreieren. LA MINORs Underground-Chansons mit menschlichem Antlitz sind oft alte russische Gangster- und Gefängnislieder, und waren auch zu Sowjetzeit als eigentliche Folklore, also vom Volk gesungene und gehörte Lieder, präsent. Seitens der Partei natürlich bei Strafe verboten, wurden sie doch auf Partys und im Park zur Gitarre angestimmt und von Arbeiten und Intellektuellen gesungen.
Der Titel Oboroty, zu deutsch wohl so viel wie Drehung (Rotation), hat im Russischen verschiedene Bedeutungen. LA MINORS Sänger und Texter Slawa Schalygin meint hier die Umdrehungen (Prozente) von Alkohol, die Geschwindigkeit von Schallplatten (33/45/78) und das Drehen des Rades des Lebens, das nie still steht.
Das für mich unglaublich Faszinierende an diesem Album ist seine Universalität: Ganz gleich, ob man es mit vielen Leuten laut auf einer Party hört oder allein zu zwei’n bei Wein und Kerzenschein. Der Mix aus feinem Humor, derben Scherzen, ausgelassener Freude und Melancholie zündet immer. Danke, Eastblok, für
LA MINOR!
VÖ: 15.05.2009 Eastblok/Indigo
Johnniecolt (WARSCHAUER)
TAZ empfiehlt: La Minor – Oboroty
„Subkultur aus Sowjetzeiten, liebevoll und leidenschaftlich reloaded. „
Für Romantiker
Russischer Gaunerswing
Mitten im Balkan-Hype, der mit elektronischen Club-Sounds unterfüttert wird, eine akustische Insel: Einen Bogen von St. Petersburg bis nach Odessa spannt diese Band um Sänger Slawa Schalygin, lässt den russischen Straßenchanson in der Nachfolge von Arkadi Severny wieder aufleben und bereichert ihn mit Folk, Jazz und der Odessa-Variante des Klezmer.
Geschichten über tragische Liebe und kleine Ganoven, über die kleinen Helden der Hafenkaschemmen halten sich die Waage in diesem ,,Gaunerswing“, der unvermittelt in den Cha-Cha-Cha kippen kann oder sich einen kleinen Überwurf aus Gypsy Swing zulegt. Im Zentrum steht neben der trinkseligen Stimme die russische Quetschkommode Bajan, umgarnt auch mal von einer verträumt dahinschwebenden Sax-Phrase oder behäbigen Akkorden auf der Jazzgitarre. Zwischendurch ertont ein pathetischer Chor, der die Schwarzmeerfiotte vor Rührung in die Knie zwingen würde. Subkultur aus Sowjetzeiten, liebevoll und leidenschaftlich reloaded.
SF
La Minor: ,,Oboroty“ (Eastblok)
TAZ, 9./10. Mai 2009, Beilage: „weltmusik“ – Die TAZ empfiehlt
REVIEW: Händehoch! Soundsystem
Eine sehr gelungene Neuveröffentlichung! Super Cover! Ein Info-Text in
dem jedes Wort stimmt und Klasse Musik einer meiner Lieblingsbands,
die tatsächlich erwachsener und nachdenklicher wirkt!!! Diese Musik
spielen wir gerne im Radio und werden gerne auf unserer Händehoch!-Party
in Nürnberg auflegen.
Eastblokmusic überrascht uns immer aufs Neue mit ihrem Spagat zwischen
Messer für Frau Müller und einer „Kugel für Frau Murka“ von La Minor!!!
[Sascha from Russia / Händehoch! Soundsystem / Ex-Russophobie / Nürnberg]
REVIEW: La Minor @ Gonzo Circus
La Minor Oboroty Various Artists Polska Rootz (EASTBLOK)
De Oost-Europese hype tiert momenteel nog altijd welig in West-Europa. Zigeuners worden als kitscherige karikaturen neergezet en verheerlijkt, terwijl er iedere dag verse Balkan deejayspecialisten opduiken. Uit deze vruchtbare bodem zijn ook een aantal labels voortgekomen zoals het Berlijnse Eastblok dat een goed oor heeft voor nieuwe muziek uit de Oostbloklanden. Muziek die dan echt in Oost-Europa gemaakt is en niet door geëxpatrieerde artiesten in het Westen. Uit St. Petersburg en Odessa komt het mannelijke sextet La Minor aanwaaien, een band die pure akoestische muziek brengt vol van Russische chanson, polka, klezmer, tango en gangsterjazz. Zanger Slava Shalygin vertelt het ene na het andere zware-jongens-verhaal dat naar alcohol en tragische liefde ruikt. In een land waar een vijfde van de mannelijke bevolking al eens in de gevangenis heeft gezeten, zijn dit soort Blatnyak levensliederen dagelijkse kost en deel van de nationale psyche. La Minor speelt deze rol echter wel met een ferme knipoog en goedlachse ironie zodat men er ook om kan lachen en op dansen. Van Russische naar Poolse sferen dan. Polska Rootz is een compilatie van de nieuwste Poolse dansmuziek en wordt omschreven als een fusion van dub, roots en futuristische folkremixen (waaronder een dubremix van Adrian Sherwood). Authentieke orkesten, polka’s, klezmer en volksliedjes stampen voorbij in een jasje van elektronische beats. Tegelijk staat het geluid sterk onder invloed van de rootsritmes en dubsferen. Dat is niet vreemd, want Polen was het enige land achter het IJzeren Gordijn waar in de jaren 1980 een levendige roots en punkscene bestond. De muziek had een politieke en culturele waarde voor de jeugd, als een tegenhanger van het onderdrukkende Russische regime. De combinatie van folk en roots past bijzonder goed en zorgt voor een fraaie verzameling songs die ons de allernieuwste Poolse muziek laat horen, gekleurd in zonnige geluidssferen. We zijn opgelucht en tevreden dat een vernieuwend geluid ons vanuit Oost-Europa heeft bereikt en voor frisse lucht zorgt. Eastblok laat zich gelukkig niet tegenhouden door onzichtbare gordijnen en muren. Wij kijken voortaan met een hoopvolle blik naar het oosten.
https://www.eastblok.de
Gonzo Circus Issue #93
La Minor @ Songlines
If Gogol Bordello had stayed unplugged in the Ukraine, playing folk music rather than discovering punk rock and emigrating to New York, they might today sound rather like La Minor. The St. Petersburg-based group, who first came to light on the Russendisko compilation a few years ago, mine a rich songbook that draws upon the pre-war Odessa criminal demi-monde of gangsters, pimps, whores, no-good gamblers and dodgy bars. Cleverly inventive arrangements for sax, acoustic guitars, upright bass, mandolin and bayan (Russian button accordion) breathe mercurial new life into traditional folkloric lyrics that deal with such classy subjects as drinking, fighting and getting locked up, delivered by singer Viacheslav Shalygin in a wonderfully deadpan baritone, with suitably vernacular English translations of several of the songs helpfully provided in the liner notes. The result is a splendidly impudent example of the style now widely and rather annoyingly known as ‘Russki chanson’ as La Minor’s lurching tangos, tottering polkas and inebriated waltzes are given feral twists of klezmer, swing Django Reinhardt-style and street-corner jazz. The band are not Roma, as far as I know, but, like all the best Gypsy music, La Minor manage to sound like they’re completely pissed without missing a note. Sometime’s they’re maudlin drunk, as in ’Koybelnaya’ (Lullaby) and sometimes they just want to have a wild old knees-up, as they do on ‘Tihiy Vecher’ (Quiet Evening), and on a great new version of the track we first heard on Russendisko, ‘Devushka v Platie iz Sitsa’ (The Girl In The Cotton Dress). Brilliantly disreputable stuff.
Songlines Issue 62 2009
Nigel Williamson
Rubrik: Reviews – Europe
Kulturportal Russland zu La Minor
Mix aus Folk-Jazz-Ska aus Russland: Ganz im »Odessa-Style« mischen die im Jahr 2000 gegründeten LA MINOR. Street Chansons mit Russischem Folk und Klezmer-Einflüssen.
Enge Gassen, schummrige Tavernen. Gangsterfilme aus den 1930er und 1950er Jahren inspirierten La Minor, als sie sich 1998 zusammen fanden und zur neuen Kultband des wilden russischen Untergrunds wurden. Mitlerweile sind La Minor mit Fluchtauto und ihrem temporeichen, jazzigen Mix aus Klezmer und Ska auch in Westeuropa angekommen.
La Minor sorgte für die Auferstehung einer lange schon vergessenen Musikrichtung: Odessa-Beats, Ganoven- und Gulag Lieder aus längst vergangenen Sowjetzeiten. Neu interpretiert mit Einflüssen russischer Folklore, Swing, Ska und Klezmer. Schnell und groß… wirklich großartig!
La Minor @ echoes-online
Heute mal kein Diskurs, heute mal inkonsequent, stattdessen mal einfach wieder den unfassbaren Balkan-Sound abfeiern. La Minor klingen dabei ungefähr so wie damals, mit 15, 16 zum ersten Mal Kusturicas Underground: Vor dem Videorekorder knien, zurückspulen bis zum Anfang, dann auf Play, und dann kommt sie schon angerannt, eine wilde Meute Highspeed-Bläser, mit aggressiven Tubas, marodierenden Trompeten durch’s kriegsgebeutelte Prä-Tito-Belgrad. Wer hätte da schon ruhig sitzenbleiben können? Seitdem ist viel Wasser die Donau runtergeflossen, und nicht nur Goran Bregovic, der für den Soundtrack des Films verantwortlich war, hat seine Unschuld verloren.
Oboroty jedenfalls ist wieder genau das, wieder genau dieses wunderbare, nicht zu vergleichende Gefühl, vielleicht von Freiheit, irgendwie: Mit schönen Mädchen durch die blühenden Sonnenblumenfelder rennen im Hochsommer, das ist spritzende Schweißtropfen von feuchten Stirnen in winzigen Hinterhöfen, das ist mit allen meinen Freunden, mit allen Menschen im Kreis tanzen und durchdrehen und lachen bis ins Morgengrauen, und wenn sie mich morgen unter die Erde bringen müssten, so sollen meine Freunde auf meiner Beerdigung genau dazu tanzen, zu La Minor, zu diesem Haufen Möchtegern-Mafiosi aus Sankt Petersburg, der eigentlich nach Odessa klingt – hopa hopa hopa! Bis auf weiteres bin ich wieder bekehrt.
SteffenGreiner
echoes-online.de
La Minor @ Concerto
La Minor – Oboroty
Ihre Musik wird als „kleinkriminelles Chanson“ beschrieben. Die Band aus St. Petersburg wird als Kultband aus dem russischen Untergrund bezeichnet. Jetzt sind sie in Berlin tätig. Mit ihrem Dirty Folk und Gangster Swing passen sie ideal zum Balkan-Hype. 2000 gegründet sind sie in Europa ständig bei Festivals und Konzerten unterwegs. La Minors Musik bringt zum Tanzen, das Bajan treibt wie die Hölle, Jazz und Klezmer im Odessa Stil und Geschichten über böse Jungs und tragische Liebe sind ihr Metier. Sehr fein das Ganze.
(haku)
Concerto Nr. 3 Juni/Juli 2009 Rubrik: tonträger
Bewertung: 5/5
La Mjnor @ ultimo
La Minor – Oboroty (Eastblok Indigo)
Diese 6-köpfige Band aus St. Petersburg ist einigen Livemusik-Liebhabern längst ein Begriff, war sie doch schon mehrmals im Treibsand zu Gast. Auf dem ersten Russendisko-Sampler hat sie seinerzeit einen Beitrag hinterlassen, nun aber gibt es nach mehreren russischen Veröffentlichungen, die man hier nur bei Konzerten bekommt, erstmalig eine ganze CD auf einem deutschen Label. Diese liebenswerte Combo spielt den sogenannten „blatnyak“, den Gauner- oder Straßenchanson, der in den Straßen von Odessa in der 1. Jahrhunderthälfte sehr populär war.
Traditionelle, jedoch wenig bekannte Chansons werden von La Minor neu, aber authentisch interpretiert. Sie vermischen Klezmer mit Folk und Jazz, aber auch Tango und Walzer sind zu hören, mal fröhlich, oft melancholisch in Moll, aber scheinbar immer dicht dran an der Atmosphäre der alten Seefahrerstadt Odessa. Mit dem russischen Knopfakkordeon, dem sogenannten Bayan, mit Saxophon, Kontrabass, Schlagzeug, Gitarre und der tiefen, melodischen Stimme des Sängers Slava spielen sie also eine sehr seltene, östliche Spielart des dirty folk. Vielleicht ist dies so etwas wie das russische Pendant zum finnischen Tango. Atmosphärisch allemal.
(inge)
Ultimo Juli 09 Rubrik: Musik
La Minor @ sound & image
Gangster-Swing aus St. Petersburg – mal ganz was Neues. Kenner nennen es auch Russki Chanson. La Minor bestehen aus Knopf-Akkordeon, Saxophon, Stehbass, Gitarre und Schlagzeug und bewegen sich zwischen Underground-Drinking-Party, Odessa-Hafenbar, Dirty Folk und Zirkus-Lobby. Sympathische Lieder zum Mitschunkeln und Mitgrölen, je nach Bedarf. Sänger Viacheslav Shalygin hat das Organ, das jeder Stimmung gerecht wird und seine Musik-Kumpels holen ihn in jedem Gemütszustand ab, egal ob im Tango-Schritt, mit einem bißchen Klezmer im Koffer, als Schlaf- oder als sportliches Sauflied im Ska-Rhythmus. Was früher zur sozialistischen Subkultur gehörte, ist heute Stoff für Tanzparties à la Russendisko im Kaffee Burger Style. La Minor passen da prima hin, haben sie doch die alten Zeiten mehr oder weniger unversehrt ins Heute hinüber gerettet und geben sich betont leidenschaftlich. Natürlich auch mit dabei das „Mädchen im Baumwollkleid”, das mittlerweile zum Standard-Repertoire einer jeden Russenparty gehört. Eine Platte, die von vorne bis hinten Spaß macht und die auf keiner ernst zu nehmenden Fete fehlen darf.
www.sound-and-image.de
La Minor @ blue rhythm
La Minor
Bulgakows Erben
Nie war russischer Pop in Deutschland so populär wie heute. Russendisco ist längst Synonym für slawische Fröhlichkeit auf dem deutschen Dancefloor. Doch wie viel hat dieses eher deutsche Phänomen wirklich mit der russischen Seele zu tun, wie wir sie von dem großen Satiriker Michail Bulgakow oder dem Schriftsteller Isaak Babel kennen? Die St. Petersburger Kapelle La Minor bringt ein anderes Russland zu Gehör. Ihre Songs erzählen von verschmitzter Lebensfreude, aber auch von unerträglicher Tragik. „Uns ist nicht so wichtig, uns selbst zu präsentieren“, skandiert Sänger Slava Shalygin. „Uns geht es um die russische Seele. Gerade weil das leben in Russland immer hart und bitter war, kann man es nur mit Humor ertragen.“ Die Geschichten von La Minor sind nicht neu. Slavas Onkel sammelte Songs des Folk-Undergrounds von Moskau, St. Petersburg und Odessa der 60er-Jahre. Auf diesen Fundus kann die Band heute zurückgreifen. Nicht wenige Lieder auf „Oboroty“ (Eastblok/Indigo) gehören eigentlich der Halbwelt an, doch gerade das macht ihre Authentizität aus. Angst, mit seinen alten Weisen den Anschluss an den Zeitgeist zu verlieren, hat Slava nicht. „In Russland wiederholt sich die Geschichte ziemlich oft. Lieder wie unsere gehören zur Volksweisheit, die immer genau dann reaktiviert wird, wenn das Leben härter wird. Insofern sind unsere Lieder zeitlos.“ Wenn La Minor ihre Songs mit Bajan, Banjo, Saxofon, Kontrabass, Schlagzeug sowie einer speziellen Mischung aus Tolldreistigkeit und Eleganz schmettern, ist man an die USA erinnert, wo Alternative Country und Neofolk dem konservativen Lager die Wurzeln der amerikanischen Kultur entrissen. „Leider wäre es in Russland verführt, von einer vergleichbaren Bewegung zu sprechen“, bedauert der Sänger. „Putin versucht den Pop einzubinden. Das Chanson tendiert eher in Richtung Kitsch. Wir treten in Rock-Clubs auf, lassen uns aber nicht vereinnahmen.“ Mit dem Begriff Russkij Chanson haben La Minor ohnehin ein Problem, weil er von der russischen Intelligenz mit billigem Kitsch assoziiert wird. Ihre Songs handeln hingegen von einer prallen Fülle des russischen Lebens. Ein lange überfälliger Kontrapunkt zur Spaßgrimasse der Russendisco.
Text: Wolf Kampmann
Incendiarymag: Why Aren’t You Listening?
Nice record this; apparently a collection of underground gangster, prison and camp songs. And (apparently again) the band La Minor are the refuseniks who play these old songs in the most “unacceptable” way possible. Fine by me, as this LP certainly gets the foot tapping.
Apparently this LP contains polkas or slow waltzes and tangos. But you wouldn’t know as the band doesn’t stick to strict interpretations of any musical convention. Sometimes there’s a jazzy klezmer, a lullaby or gypsy swing; sometimes there’s folk punk, or sometimes a mutated, speeded up ska. La Minor use sax, Bayan, guitars & double bass to create a warm, fluent and incredibly mercurial backdrop to these rebel songs. The bands musical wanderings are informed further by singer Slava Shalygin’s incredibly warm voice. The fact that (not understanding Russian beyond “da” & “nyet”) I have no idea what he’s babbling on about matters not a jot; the lad has considerable presence.
When the songs aren’t about drinking, they’re about getting locked up, or about fighting over girls. Class. Highlights are Tihy Vecher (Quiet Evening) which is a breathless whirl, completely belying its title. And White Acacia after a deceptively gentle beginning is a breakneck stomp that gets Too Much Too Young on your ass at one point. Check out the up-tempo question and answer of The Girl in the White Cotton Dress and the brilliantly maudlin Lullaby, which is like a pissed-up choir rehearsal.
Great stuff.
Words: Richard Foster
La Minor @ melodie & rhythymus
St. Petersburger Gangster-Swing
La Minor lässt die Musik der Hafenstädte erklingen.
Zu der Musik wird empfohlen, sich ein Glas Wein reinzuziehen, am Besten noch das Tanzbein zu schwingen und dazu, falls der russischen Sprache mächtig, wenigstens ein bisschen den Texten lauschen. Die nämlich sind genauso scharf gewürzt wie die Musik. Die Band hat so ziemlich alles musikalisch verarbeitet, was der ausländische Liebhaber russischer Musik nicht unbedingt erwartet: Lyrische Gangstergeschichten in Form klingender Kriminalromane, die stark an die Vorkriegszeit erinnern und Storys aus so aufregenden Hafenstädten wie St. Petersburg und Odessa erzählen. Es geht um Diebe, Nutten, Undercoveragenten, Liebe, Leidenschaft, Alkohol und Knast – aber mit viel Humor, Seele und Gefühl vorgetragen. Manchmal etwas schwermütig, dann wieder schwungvoll, variieren die Stimmungen. Spannungsgeladen, passend zum Inhalt, mutet La Minors Sound manchmal wie die Begleitmusik zu einem spannenden Kriminalfilm an. Straßen-Chanson, Dirty Folk oder Gangster-Swing gehen gleichfalls als stilistische Beschreibung durch. Das ist eine Mischung aus russischem Folk, Jazz und Klezmer und kommt auf der Bühne eher als Speed-Polka daher. Blatnjak heißen diese alten traditionellen Gangster- und Knastsongs, die auch zu sozialistischen Zeiten, trotz Verbot, in der Öffentlichkeit gesungen und gehört wurden. Es sind temperamentvolle, typisch russische Ohrwürmer, mit traditionellem Einschlag, trotzdem leicht an die moderne Rockmusik angelehnt, vorgetragen mit Akkordeon, Saxofon, Gitarre, Bass, Mandoline und Drums.
La Minor @ musikmarkt
Russischer Straßen-Folk
Gangstergeschichten treffen auf Tanzmusik: La Minor machen einen äußerst amüsanten Sound, der mit Knopf-Akkordeon, Saxophon und Gitarre einen ganz eigenen Charme entwickelt.
Klezmer, Jazz und russischer Folk transportieren Sehnsucht und Melancholie genauso wie überschäumende Ausgelassenheit und Leidenschaft. Gefeatured wurden La Minor bereits von Wladimir Kaminer auf „Russendisko Hits“ und auch live überzeugt das Sextett mit seinem sanft-verruchten Straßen-Chanson.
(jk)
CD-Tipp @ Rheinischer Merkur
Lichtvolle Nachtschattengewächse
Seit ein paar Jahren entdeckt sich Russland musikalisch wieder. La Minor aus St. Petersburg fühlt sich der Tradition verpflichtet und hat sich mit seinem anrührenden und lyrischen Liedern über Ganoven, Prostituierte, Verlierer, kurzum über die Nachtschattengeschöpfe der russischen Gesellschaft, auch in Europa eine treue Fangemeinde erspielt. Nun veröffentlicht La Minor die erste CD in Deutschland. „Oboroty“, was auf Deutsch die durch den Alkohol bewirkten Umdrehungen meinen könnte, zeigt das Quintett mit seinem griffigen Jazz-, Klezmer- und Folk-Mix in bestechender Form. Tänzelnd, schwelgend und vor allem staunend folgt man dem Sänger und Texter Slawa Shalgyn durch kleine menschliche Tragikkomödien, mit denen er seinem großen Vorbild, dem Underground-Chansonnier Arakady Severny (1939-1980), huldigt. Ohne Frage ein russisches Erlebnis erster Güte!
(IP)
REVIEW: Oboroty @ notes
Schwere Jungs und leichte Madchen, Liebe und Leidenschaft, Alkohol und Glucksspiel, Hafenspelunken und Gefängnis – das ist der Stoff, aus dem die lyrischen Gangstergeschichten und Hinterhoflieder von La Minor gestrickt sind. Die 6köpfige Band aus St Petersburg um Sänger Viacheslav Shalygin vermengt Straßen-Chanson, Speed-Folk. Balkan-Tango, Jazziges und Schwarzmeer-Klezmer zu einem deutlich russisch anmutenden, sehr lebendigen Soundgebilde, das auf die 20er bis 40er Jahre in Odessa verweist.
Ihre lebenslustig-seelenvollen Lieder sind wie klingende Kriminalromane über Kleinganoven, Bordsteinschwalben, geschniegelte Casanovas und tragische Lieben – fröhlich und melancholisch zugleich. Auch wenn man des Russischen nicht mächtig ist, die derben Geschichten wirken seltsam anrührend, fast poetisch. La Minor spielen ihre Interpretationen jedoch auf die knackige Art, das kommt frisch und cool und hat mehr von Rock, als man aufs Erste denken mag. Die Stücke, die alle dem traditionellen russischen Liedgut entstammen, sind keine Standards, sondern eher unbekannte
Perlen der russischen Gangster- und Knastsongs (in Russland saß im Schnitt jeder fünfte Mann bereits im Gefangnis!), Blatnjak genannt.
Diese überdauerten selbst die Sowjetzeit als die eigentliche Folklore des Volkes, zwischenKneipe und Atelier gesungen, obwohl die Lieder offiziell verboten waren. La Minor verleihen den Stücken, durchweg auf akustischen Instrumenten (Standbass, Gitarre, Bajan, Saxofon) eingespielt, Charme und Wärme. Die Musik lädt sowohl zum gemütlich-besinnlichen Abend mit einem Gläschen Roten zuhause als auch zum beschwingten Tanz.
(blex)
notes Juni 2009 Ausgabe 153
REVIEW: Oboroty @ Glitterhouse Katalog
Indigo (CD, 929642, PC: U, VÖ 15.5.)
La Minor – Oboroty
09er, russische Band mit schon kleinem Kultstatus (sie waren auf der ersten Russendisko-CD). Russischer Folk mit Chanson-Einflüssen, Anklängen an Balkan-Stakkato oder Gypsy-Swing, auch kleine Prisen Tango, Jazz, Polka. Die Songs atmen Melancholie/Wehmut, pure überschäumende Lebensfreude, Poesie, Warmherzigkeit. Das alles rauh, echt, mit Straßen-Charme, v.a. aber melodischer Klasse, sofort eingängigen traditionsverhafteten Themen, darunter wunderbare Stücke wie The Girl In The Cotton Dress oder Lullaby. Feine CD. (dvd)
(Detlef von Duhn, Glitterhouse Katalog)
REVIEW: Oboroty @ TRUST
Der Charme der Hafenkneipen von Odessa, bevölkert
von kleinen und groÃxen Gaunern, leichten Jungs und schweren Mädchen (oder
andersherum?) ist die imaginäre Heimat von La Minor aus Petersburg, die
die Welt mit sentimental rumpelnden Melodien zwischen russischem Chanson,
Polka, Klezmer und verwandten Stilen infiltrieren. Hat Charme und ist
erfreulicherweise eher melancholisch als burschikos bollerig.
(Eastblok/Indigo)
(Ausgabe 136)
Review: WARSCHAUER
Kriminalität ist böse, genau wie Stehlen oder andere verpetzen. So was tut man nicht! Aber singen darf man darüber. Und genau das tun LA MINOR. Seit dem Jahr 2000 erfreut das Sextett in ganz Europa Herzen und Tanzbeine mit Straßenchanson und Gangsterswing, einer schweißtreibenden Melange aus russischer Volksmusik, Polka, Swing und Klezmer. Obwohl LA MINOR aus St. Petersburg kommen, gilt ihre Liebe der Hafenstadt Odessa. In ihren mal verträumten, mal heißblütigen Liedern erwecken sie den Schmelztiegel und schmutzigen Moloch am Schwarzen Meer, an der Schnittstelle von Osten und Westen gelegen, zu neuem, uraltem Leben. Sie erzählen heitere und traurige Geschichten, von Liebe, Verrat, Mord, Eifersucht, Treue und Untreue. Diebe, Hafenhuren, Geheimpolizei, Schmuggler und besoffene Matrosen, lustige Lebemänner und traurige Trinker sind die Bewohner der kleinen Traumwelt, die LA MINOR mit viel Liebe zum Detail in den Köpfen ihrer Zuhörer kreieren. LA MINORs Underground-Chansons mit menschlichem Antlitz sind oft alte russische Gangster- und Gefängnislieder, und waren auch zu Sowjetzeit als eigentliche Folklore, also vom Volk gesungene und gehörte Lieder, präsent. Seitens der Partei natürlich bei Strafe verboten, wurden sie doch auf Partys und im Park zur Gitarre angestimmt und von Arbeiten und Intellektuellen gesungen.
Der Titel Oboroty, zu deutsch wohl so viel wie Drehung (Rotation), hat im Russischen verschiedene Bedeutungen. LA MINORS Sänger und Texter Slawa Schalygin meint hier die Umdrehungen (Prozente) von Alkohol, die Geschwindigkeit von Schallplatten (33/45/78) und das Drehen des Rades des Lebens, das nie still steht.
Das für mich unglaublich Faszinierende an diesem Album ist seine Universalität: Ganz gleich, ob man es mit vielen Leuten laut auf einer Party hört oder allein zu zwei’n bei Wein und Kerzenschein. Der Mix aus feinem Humor, derben Scherzen, ausgelassener Freude und Melancholie zündet immer. Danke, Eastblok, für
LA MINOR!
VÖ: 15.05.2009 Eastblok/Indigo
Johnniecolt (WARSCHAUER)
TAZ empfiehlt: La Minor – Oboroty
„Subkultur aus Sowjetzeiten, liebevoll und leidenschaftlich reloaded. „
Für Romantiker
Russischer Gaunerswing
Mitten im Balkan-Hype, der mit elektronischen Club-Sounds unterfüttert wird, eine akustische Insel: Einen Bogen von St. Petersburg bis nach Odessa spannt diese Band um Sänger Slawa Schalygin, lässt den russischen Straßenchanson in der Nachfolge von Arkadi Severny wieder aufleben und bereichert ihn mit Folk, Jazz und der Odessa-Variante des Klezmer.
Geschichten über tragische Liebe und kleine Ganoven, über die kleinen Helden der Hafenkaschemmen halten sich die Waage in diesem ,,Gaunerswing“, der unvermittelt in den Cha-Cha-Cha kippen kann oder sich einen kleinen Überwurf aus Gypsy Swing zulegt. Im Zentrum steht neben der trinkseligen Stimme die russische Quetschkommode Bajan, umgarnt auch mal von einer verträumt dahinschwebenden Sax-Phrase oder behäbigen Akkorden auf der Jazzgitarre. Zwischendurch ertont ein pathetischer Chor, der die Schwarzmeerfiotte vor Rührung in die Knie zwingen würde. Subkultur aus Sowjetzeiten, liebevoll und leidenschaftlich reloaded.
SF
La Minor: ,,Oboroty“ (Eastblok)
TAZ, 9./10. Mai 2009, Beilage: „weltmusik“ – Die TAZ empfiehlt
REVIEW: Händehoch! Soundsystem
Eine sehr gelungene Neuveröffentlichung! Super Cover! Ein Info-Text in
dem jedes Wort stimmt und Klasse Musik einer meiner Lieblingsbands,
die tatsächlich erwachsener und nachdenklicher wirkt!!! Diese Musik
spielen wir gerne im Radio und werden gerne auf unserer Händehoch!-Party
in Nürnberg auflegen.
Eastblokmusic überrascht uns immer aufs Neue mit ihrem Spagat zwischen
Messer für Frau Müller und einer „Kugel für Frau Murka“ von La Minor!!!
[Sascha from Russia / Händehoch! Soundsystem / Ex-Russophobie / Nürnberg]